Zink "HARZ"

Zinkgewinnung auf der Zinkhütte Harlingerode

 

“Wir müssen erkennen, daß die Industrie mit ihren gewaltigen Bauten nicht mehr ein störendes Glied in unserem Stadtbild und in der Landschaft ist, sondern ein Symbol der Arbeit, ein Denkmal der Stadt, das jeder Bürger mit wenigstens ebenso großem Stolz dem Fremden zeigen soll, wie seine öffentlichen Gebäude.”

Fritz Schupp (1929)

Fritz Schupp

(1896 - 1974)

Martin Kremmer

(1894 - 1945)


Kurze Geschichte der Zinkhütte Harlingerode

Im Rahmen der Aufrüstung und Autarkiebestrebungen der Nationalsozialisten sollte die Metallproduktion der Unterharzer Berg- und Hüttenwerke bei Goslar stark gesteigert werden. Unter der Bezeichnung "Rammelsbergprojekt" begann 1935 der Aus- und Neubau der Bergwerks- und Hüttenanlagen. Im Rahmen des Rammelsbergprojekts entstanden so ab 1935 die neue Aufbereitung (Flotation) am Erzbergwerk Rammelsberg in Goslar und die Zinkhütte Harlingerode. Für beide Neubauvorhaben konnte die Architektengemeinschaft Fritz Schupp und Martin Kremmer gewonnen werden, die schon in Essen mit der Zeche Zollverein XII (1929-32) bedeutende Industriebauten geschaffen hatten.

Als Standort der zukünftigen Zinkhütte wählten die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke ein bisher ungenutztes Gelände in der Nähe der Blei-Kupfer-Hütte Oker (heute Goslar-Oker) und der Zinkoxidhütte Oker. Da dieses Gelände in der Gemarkung Harlingerode (heute Bad Harzburg-Harlingerode) lag, erhielt die Hütte den Namen Zinkhütte Harlingerode. Hier begann 1935 der Bau der Betriebsgebäude nach den Plänen von Schupp und Kremmer als Stahlfachwerkbauten. Bei dem Entwurf waren luftschutztechnische Belange zu berücksichtigen. So entstanden die beiden Ofenhäuser Ost und West spiegelbildlich symmetrisch rechts und links einer Mittelachse. Viele Anlagenteile waren doppelt vorhanden, so daß auch bei Zerstörung eines Anlagenteils der andere weiterarbeiten konnte.

Grundlage der zukünftigen Zinkhütte war ein Zinkkonzentrat mit einem Zinkgehalt von ca. 43%, daß erst dank der neuen Aufbereitung aus den stark verwachsenen Erzen des Erzbergwerks Rammelsberg gewonnen werden konnte. Verschiedene Vorversuche führten zu der Entscheidung, zur Zinkgewinnung das New-Jersey-Verfahren zu verwenden, das in den USA und England schon mit Erfolg genutzt wurde.

Schon im Dezember 1936 konnte versuchsweise die Zinkproduktion mit vorerst 5 Retorten aufgenommen werden, der die offizielle Inbetriebnahme im Januar 1937 folgte, obwohl die Bauarbeiten noch weiterliefen. Erst 1938 wurde das Ofenhaus Ost und die Feinzinkanlage vollständig fertiggestellt. Bis 1940 konnten dann alle geplanten Anlagen in Betrieb genommen werden, so daß seit diesem Zeitpunkt auch zusätzlich Erzkonzentrate aus dem Oberharzer Bergwerk Bad Grund sowie den Aufbereitungsanlagen in Clausthal und Lautenthal verarbeitet wurde.

Trotz anfänglicher Probleme mit der Stabilität der Retorten, kriegsbedingten Versorgungsproblemen und häufigem Fliegeralarm, konnte die Zinkproduktion in den folgenden Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Als Ersatz für zum Militärdienst eingezogene Belegschaftsmitglieder wurden ab 1943 auch Zwangsarbeiter in der Hütte beschäftigt. Für sie entstand ein Barackenlager südlich der Straße von Oker nach Harlingerode, von dem noch heute Fundamente zeugen.

 

Im April 1945 kam die Zinkproduktion nach Besetzung durch Amerikanische Truppen vollständig zum Erliegen. Erst im Dezember 1945 konnte die Produktion - wenn auch vermindert - wieder aufgenommen werden. Bis 1953 stieg sie dann auf einen Wert von annähernd 50.000 t Hüttenzink. In diesen Jahren nahm man auch noch eine Reihe von Verbesserungen und Modernisierungen an den Anlagen vor. Diese Arbeiten konnten 1953 abgeschlossen werden.

Zu Beginn der 1960er Jahre kam es dann erstmals zu Preiseinbrüchen bei Zink und in Folge zu einer Reduzierung der Belegschaft. 

Im Jahr 1967 wurden dann die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke von der PREUSSAG AG erworben, die zwischen 1968 und 1970 die Anlagen erheblich erweitern ließ. Hierbei verlängerte man beide Ofenhäuser, um weitere 10 Retorten aufnehmen zu können. Durch organisatorischen Zusammenschluß der Bleihütte Oker, der Zinkoxydhütte und der Zinkhütte Harlingerode entstand 1968 das Hüttenwerk Harz.

Im Oktober 1972 erfolgte die Einstellung der Feinzinkproduktion, da elektrolytisch erzeugtes Feinzink, daß deutlich billiger produziert werden konnte, auf den Markt drängte. Bis zum Ende der 1970er Jahre stieg dann die Produktion von Hüttenzink auf 99.000 t im Jahr an.

Aufgrund gestiegener Energiekosten und hoher Umweltauflagen erfolgte Ende 1981 die Stillegung des Röstbetriebes mit der angeschlossenen Schwefelsäureherstellung. Das Rammelsberger Zinkkonzentrat konnte jetzt nicht mehr verarbeitet werden und wurde bis zur Stillegung des Erzbergwerks 1988 an andere Hütten verkauft. Infolge dieser Betriebseinschränkungen legte man in Dezember 1981 das Ofenhaus Ost still, daß später zu einer Lagerhalle umgebaut wurde.  Zur Verarbeitung kamen jetzt nur noch oxidische Erze und Vorstoffe. Diese stammten zu einem großen Teil aus dem Ausland.

Die gegen Ende der 1980er Jahre stark gefallenen Zinkpreise ließen den Weiterbetrieb der Hütte nicht mehr wirtschaftlich erscheinen, so daß die Firma Harz-Metall GmbH die Zinkproduktion offiziell am 30. Juni 1988 einstellte.

Als Nachfolgebetrieb übernahm die neugegründete Harzer Zink GmbH die Hütte im Jahr 1989 und führte die Produktion von Zinkoxid und Zinkstaub weiter. Dazu erfolgte die Produktion von Zink als Vorstoff in einer sogenannten Minihütte mit maximal 10 Retorten. Dieser letzte Hüttenbetrieb wurde dann im Juni 2000 entgültig eingestellt. Seit diesem Zeitpunkt erfolgt in den Gebäuden der Zinkhütte Harlingerode nur noch die Produktion von Zinkoxid und Zinkstaub als Vorstoff für andere zinkverarbeitende Betriebe.

Nachdem schon in den 1990er Jahren etliche nicht mehr genutzte Gebäude der Hütte abgerissen wurden, folgt im Herbst 2003 das ehemaligen Ofenhaus Ost.


Der Autor möchte sich herzlich bei dem Betriebsdirektor Herrn Dr. Ulrich Kerney bedanken, der es ihm im Oktober 2003 ermöglichte, eine Reihe von Aufnahmen der verbliebenen Gebäude zu machen. 


Zink "HARZ" - Zinkgewinnung auf der Zinkhütte Harlingerode

Der im Folgenden wiedergegebene Text ist der gleichnamigen Broschüre der Unterharzer Berg- und Hüttenwerke aus dem Jahr 1956 entnommen:

Titel der Broschüre Zink "HARZ"

Goslar 1956

 

Original

Sammlung: Joachim Fricke


Vorwort

Zink "Harz" - unter diesem Titel überreichen wir allen Interessenten und Verbrauchern die vorliegende Schilderung der Zinkgewinnung auf der ZINKHÜTTE HARLINGERODE.

Die kurzgefaßten Ausführungen sollen die oft gestellten Fragen nach Herkunft und Gewinnungsverfahren der einzelnen Zinksorten, die unter dem Namen "HARZ" bekannt sind, beantworten.

 

Unterharzer Berg- und Hüttenwerke

GmbH.

Zinkhütte Harlingerode


Eine ganz kurze Geschichte des Zinks

Verhältnismäßig spät ist das Zink als elementares Metall erkannt worden, und unentwegt mühten sich die mittelalterlichen Alchimisten mit einem sonderbaren Erz ab, welches gemeinsam mit Kupfer oder kupferhaltigen Erzen geschmolzen anscheinend Gold ergab. Aber es war kein Gold, trotz der schönen, glänzend gelben Farbe. Das alchimistische Ergebnis, das, was die Alchimisten - unter Anwendung geheimnisvoller Zeremonien und im Banne mystischen Aberglaubens befangen - in mühseliger Arbeit entdeckten, war nicht der "Stein der Weisen", es war nicht jener Stein, der alle Metalle in Gold verwandeln sollte, sondern es war - Messing!

Der Alchimist

Erbost und verbittert darüber, daß das glänzende Metall unter ihren Händen sich alsbald verfärbte, grau, braun und schwarz wurde und in scharfen Säuren sich brausend löste, während das echte Gold bei gleicher Behandlung sich kaum veränderte, belegten die Enttäuschten das ihnen unbekannte Metall mit den verächtlichsten Namen: Halbmetall, Bastard und Zwitter.

Zink-Verhüttung in China (etwa 16. Jahrh.)

Es gelang also den Alchimisten nicht, das metallische Zink seinem Erz zu entreißen. Nur durch die Herstellung von Messing aus Kupfer und kupferhaltigen Erzen, gemeinsam mit dem kerbig-zackigen, dem "zinkigen" Erz, war das Zink als bastardhafter Partner bekannt. Selbst ein so hervorragender Bergmann wie Georg Agricola, der von 1495 bis 1555 lebte, erkannte nicht den metallischen Charakter des Zinks, obwohl er den Namen "Zink" in seinen Büchern verwendet. Selbst dann, als metallisches Zink aus China und Indien gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Europa auftauchte, benannte man es immer noch nach seinem bekanntesten Erz, dem Galmei (calaem), oder nach seinem damaligen Herkunftsland "Indisches oder Malabar-Blei oder -Zinn".

Erst Löhneiß (1617) sprach das Zink als elementares Metall an und nannte es bei dem Namen, den es heute noch führt.

Aber weitere hundert Jahre sollten vergehen, ehe in Europa metallisches Zink nach streng geheimgehaltenen Regeln hergestellt wurde. Im Jahre 1746 endlich gab der Chemiker Marggraf sein Verfahren zur Verhüttung des klassischen Zinkerzes, des Galmei, durch Reduktion mit Kohle unter Luftabschluß bekannt. 

Andreas Sigismund Marggraf (1709 - 1782)

Die Richtung zur Gewinnung von Zink war damit gewiesen, jedoch der Weg noch nicht genau vorgezeichnet. Erst der durch den Hüttenmeister Ruberg (1800) in Ober-Schlesien entwickelte "liegende Muffel"-Prozeß gab die Möglichkeit, Zink industriell zu erzeugen.

Zinkofen mit "liegenden Muffeln"

Nun ging die weitere Entwicklung rasch voran. England stellte zwar schon 1730 in ganz kleinen Mengen Zink her, doch erst der "liegende Muffel"-Prozeß gestattete die wirtschaftliche Gewinnung von Zink im Großen. Nach diesem Verfahren, welches mit der Zeit eine ganze Anzahl von Verbesserungen erfuhr, wird noch heute Zink gewonnen. Allerdings nicht mehr aus dem klassischen Galmei allein - dieses Erz ist in Europa schon fast restlos ausgebeutet - sondern aus den sulfidischen Erzen, in welchen das Zink an Schwefel gebunden ist.

Mit der Nutzbarmachung der Elektrizität für die Industrie kommen nun elektrothermische und elektrochemische Gewinnungsverfahren auf, die jedoch an einen sehr billigen Strom gebunden sind.

Eine recht weitgehende und neuzeitliche Abwandlung des "liegenden Muffelverfahrens" stellt die Gewinnung des Zinks in der "stehenden" - oder "Vertikal-Retorte" dar. Hierauf wird weiter unten bei der Beschreibung der Zinkverhüttung im Harz noch näher eingegangen.

Das älteste Hauptanwendungsgebiet für das Zink liegt in der Messingherstellung, wie diese bereits von den Assyrern und Babyloniern ausgeübt wurde, indem sie Kupfer mit "Erde" schmolzen. Viel später, im Jahre 1812, wurde das Walzen von Zink eingeführt, dem 1836 das Verzinken von eisernen Gegenständen folgte, während die Zinkfarben-Herstellung in industriellem Ausmaß im Jahre 1844 aufgenommen wurde.

Eine verhältnismäßig neuere Verwendung fand das Zink während der Jahre des ersten Weltkrieges, zu welcher Zeit Zinklegierungen hergestellt wurden. Diese Zinklegierungen, für welche handelsübliches Hüttenzink verwendet wurde, bewährten sich jedoch nicht, weil die schädigende Wirkung der im Hüttenzink vorhandenen Begleitmetalle damals nicht bekannt war. Erst die Möglichkeit, ein sehr reines Zink mit nur ganz geringen Verunreinigungen, das Feinzink, herzustellen, eröffnete der Feinzinklegierungs-Herstellung neue und aussichtsreiche Wege. Es war ein langer und mühseliger Weg, der zum Zink führte, und es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Schmelzen von Kupfer und "Erde" und der jetzigen modernen Verhüttung von Zinkerzen.

Wenn man heute durch eine moderne Zinkhütte geht und den maschinellen und apparativen Aufwand mit seinen Zerkleinerungsmaschinen, Förderbändern, Kränen, Gasgeneratoren, Sinterbändern, Mahl- und Mischmaschinen, Pressen, Verkokern, Reduktions-Retorten, Kondensatoren und Meßwarten in sich aufnimmt, dann kann man ermessen, welchen Schwierigkeiten die Alchimisten gegenüberstanden, als sie den "Stein der Weisen" suchten und nur einen Bastard fanden.

Es ist vielleicht angebracht, an dieser Stelle daran zu erinnern, daß es auch heute nicht ganz so einfach ist, ein gutes Hüttenzink zu erzeugen, und daß es viel Mühe und Arbeit, Energie und Wissen erfordert, ehe das blausilbern schimmernde Metall in stetem Fluß die Formen füllt.

Den "Stein der Weisen" zu finden wird auch der Neuen Zeit nicht gelingen, wohl aber gelang ihr die Herstellung des metallischen Zinks. Der Bastard der Alchimisten lebt nur noch in den alten Schriften.

 

Die Gewinnung von Zink "HARZ" in der Vertikal-Retorte

Dieses Verfahren zur Gewinnung von metallischem Zink aus seinen Erzen, wie es in Amerika von der New Yersey Zinc Co. 1930 entwickelt wurde, findet auch auf der Zinkhütte Harlingerode Anwendung. Es ist eine der fortgeschrittensten Verhüttungsmethoden für Zinkerze.

Ehe mit der Beschreibung des Verfahrens begonnen werden soll, muß noch einiges über die Vorstoffe, insbesondere über die zinkhaltigen Erze gesagt werden.

Die Vorstoffe

Die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke GmbH. betreiben das Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar, das über eine Lagerstätte mit einem reichen, jedoch sehr fein verwachsenen Erz verfügt, Seit über tausend Jahren sind hier im Harz die Bergleute am Werk und schürfen in der Tiefe von über 400 Metern nach Erz. Der Rammelsberg bei Goslar, der alten Kaiserstadt, stellt eine geologische Besonderheit dar. Vor Jahrmillionen, als der Harz noch vulkanisches Gebiet war, entstand hier eine große erzführende linsenförmige Lagerstätte, deren Entstehung nach neuesten Erkenntnissen auf untermeerische (submarine) vulkanische Ausbrüche mit den damit verbundenen Ablagerungen zurückzuführen ist.

Das Erzbergwerk Rammelsberg

In modernen Erzaufbereitungsanlagen wird das im Tiefbau geförderte Roherz aufgeschlossen und in drei Konzentraten angereichert. Bei den Aufbereitungs-Konzentraten aus dem reichen Lagererz nimmt das Zink-Konzentrat mit etwa 30 % der Roherzmenge den Hauptanteil ein, während ein kupferhaltiges Blei-Konzentrat und ein pyritisches Konzentrat je 15 % der Roherzmenge betragen. Der Rest von etwa 40 % besteht aus zu verhaldenden Abgängen.

Auch die armen Randpartien des Erzlagers werden abgebaut, aber mit einer geringeren Konzentrat-Ausbeute aufbereitet. Die unhaltigen Abgänge belaufen sich hier auf über 70 % der Roherzmenge. Die Konzentrate jedoch haben etwa die gleiche Zusammensetzung wie die aus reichem Lagererz gewonnenen.

Das für die Zinkgewinnung bestimmte Zink-Konzentrat enthält 43 - 44 % Zink und wird dem Zinkverhüttungs-Prozeß zugeführt.

Der Zinkinhalt des Blei-Konzentrates mit 17 % Zink fällt zunächst in einem Bleihütten-Prozeß als zinkhaltige Schlacke an, die in gesonderten Arbeitsgängen auf Zinkoxyd verblasen wird.

Als weiteres Bergwerkserzeugnis steht ein reiches Zinkkonzentrat mit 59 % Zink aus dem Oberharzer Gangerzbergbau zur Verfügung, das von der an den Unterharzer Berg- und Hüttenwerken beteiligten "Preußag" geliefert wird.

Außerdem werden in einem besonderen Werk, das auf der Basis eigener Halden aus der früheren Verhüttungsperiode des unaufbereiteten Roherzes arbeitet, weitere Vorstoffe in Form von Zinkoxyd hergestellt.

Alle Zinkoxyde werden in einer Drehrohrofen-Anlage geklinkert und weitgehend vom Blei befreit. Das anfallende geklinkerte Zinkoxyd enthält nunmehr 65 bis 70 % Zink.

Die der Zinkhütte Harlingerode zur Verfügung stehenden Vorstoffe sind demnach:

Rammelsberger Zinkkonzentrat
Oberharzer Zinkkonzentrat
Geklinkertes Zinkoxyd.

Stammbaum der Zinkgewinnung nach dem Verfahren der New Jersey Zinc Co. auf der Zinkhütte Harlingerode

 

Die Gewinnung von Zink 99,5 "HARZ"

Alle oben genannten Vorstoffe werden auf der "Zinkhütte Harlingerode" verhüttet, deren Bau 1935 von den "Unterharzer Berg- und Hüttenwerken" begonnen wurde. Die Hüttenanlagen liegen etwa auf halbem Wege zwischen Goslar und Bad Harzburg am Nordrand des Harzes in nächster Nähe der kleinen Stadt Oker in der Gemarkung Harlingerode.

Teilansicht der Zinkhütte Harlingerode (Mittelteil)

Dies moderne, nach dem Verfahren der "New Jersey Zinc Co." arbeitende Werk wurde nach dem Kriege auf seine volle Leistungsfähigkeit ausgebaut und ist heute etwa mit einem Drittel an der westdeutschen Hüttenproduktion beteiligt.

Die Verhüttung der Zinkkonzentrate geht in mehreren Stufen vor sich:

1. Röstung,
2. Mischung und Brikettierung,
3. Verkokung,
4. Reduktion.

Die Röstung

Die Zinkkonzentrate mit einem Schwefelgehalt von 30 % werden zunächst auf zwei großen Band-Sinterapparaten geröstet, wobei ein sehr schwefelarmes Röstgut mit 54 bis 58 % Zink entsteht. Die Röstgase enthalten den aus den Erzen stammenden Schwefel. Sie werden in einer Kontakt-Anlage auf handelsfertige Schwefelsäure verarbeitet.

Diese Röstung der Zinkkonzentrate bewirkt, daß das an Schwefel gebundene Zink von ersterem befreit wird. In Verbindung mit Wärme und dem Sauerstoff der Luft wird der Schwefel verbrannt, d. h. er verbindet sich mit dem Sauerstoff zu Schwefeldioxydgas welches vom Sinterband dauernd abgesaugt wird. Das vom Schwefel befreite Zink reißt in gleichem Maße wie der Schwefel entweicht, ebenfalls Sauerstoff an sich und geht dadurch in Zinkoxyd über.

Rösthütte und Schwefelsäure-Anlage

Faßt man den Röstprozeß in einer vereinfachten chemischen Formel zusammen, so erhält man:

ZnS + 3 O = ZnO + SO2

Das schwefelhaltige Zinkkonzentrat ist durch die Röstung zum "Röstgut" geworden und besteht nun zu 67 bis 72 % aus Zinkoxyd.

Dieses Röstgut liegt nun in der zur Verhüttung notwendigen Form vor und kann mit den geklinkerten Zinkoxyden vereinigt werden.

 

Die Mischung und Brikettierung

Damit die Zinkträger - das Röstgut und das Klinkeroxyd - so innig wie möglich mit dem Reduktionsmittel, der Kohle, in Berührung kommen, müssen sie fein gemahlen und sorgfältig miteinander gemischt werden. Dieses geschieht durch Zerkleinern des Röstgutes in Stachelwalzen, Symonsbrechern, Feinmahlen in Kugelmühlen und Mischen in schweren Kollergängen.

Aber noch immer ist diese genau dosierte Zinkträger-Kohlemischung nicht so weit, daß sie dem eigentlichen Verhüttungs-Prozeß zugeführt werden kann. Sie muß erst in "Form" gebracht werden. Dieses geschieht durch die Brikettierung. Während der letzten Stufe der Durchmischung in den Kollergängen werden dem Gemisch noch Bindemittel und Sulfitablauge hinzugefügt, die es brikettierfähig machen. In den Brikettpressen entstehen unter hohem Druck Rohbriketts in Kissenform von etwa 600 Gramm Gewicht.

Ehe diese Rohbriketts in die Reduktions-Retorten gelangen, müssen sie jedoch noch eine Vorbehandlung durchmachen, die man Verkokung nennt.

 

Die Verkokung

Die Verkoker bestehen aus Gitterschächten, in welchen die Rohbriketts auf etwa 800°C erhitzt werden. Sie verlassen die Verkoker durch eine Austrags-Vorrichtung in glühendem Zustand.

Schematischer Schnitt durch einen Verkoker

1 Becherwerk, 2 Beschickungswagen, 3 Gitterschacht, 

4 Austrag, 5 Beschickungskübel, 6 Brennkammer, 7 Staubkammer

Während des Verkokungs-Prozesses entweichen die flüchtigen (bituminösen) Bestandteile der Kohle und die Feuchtigkeit. Das vorher kompakte Brikett wird durch Koksbildung porös und fest. Die hohe Porosität gestattet beim sofort sich anschließenden Reduktionsprozeß ein ungehindertes Entweichen der entstehenden Zinkdämpfe, während die Festigkeit des Koksgerüstes verhindert, daß die Briketts beim Durchwandern der Retorte zerfallen und diese verstopfen.

Nach der Verkokung hat das Rohbrikett etwa 140 Gramm an Gewicht verloren: das Rohbrikett ist zum verkokten Brikett geworden, unter weitgehender Erhaltung seiner Form. Schließlich ist es durch den Verkokungs-Vorgang auf etwa 800°C vorgewärmt worden.

Jetzt ist es endlich so weit, daß die letzte und hauptsächlichste Stufe der Verhüttung, die Reduktion zu metallischem Zink, erfolgen kann.

 

Die Reduktion

Mit "Reduktion" bezeichnet man die Umwandlung des im Röstgut enthaltenen Zinkoxyds in metallisches Zink. Für diesen Zweck eignet sich in ausgezeichneter Weise die Kohle. Sie "reduziert" das Zinkoxyd zu metallischem Zink, indem sie diesem den Sauerstoff entreißt und selbst zu Kohlenoxyd verbrennt. Nehmen wir wieder die chemische Formel zu Hilfe, dann erhalten wir in vereinfachter Form: 

ZnO + C = Zn + CO

Das Zink ist nunmehr frei von jeder chemischen Bindung!

Zinkofen-Gebäude

Die glühenden Briketts, die eben den Verkokungs-Prozeß durchlaufen haben, werden in großen Eisenkübeln auf die Beschickungsbühne gehoben und in die Beschickungsöffnungen der Zinköfen eingetragen.

Diese Zinköfen bestehen aus 8 Meter hohen geheizten Ofen- oder Brennkammern, die einen aus sehr gut wärmeleitfähigen Steinen gemauerten Schacht, die Retorte, enthalten. Das Steinmaterial besteht aus Siliziumcarbid (Carborundum). Unter völligem Luftabschluß - die Retorte wird nur von außen beheizt - wandern die Briketts unter ihrem eigenen Gewicht durch den senkrecht stehenden Schacht kontinuierlich nach unten und werden im beheizten Teil einer Temperatur von etwa 1300°C ausgesetzt. Dabei erfolgt durch Einwirkung von Kohlenstoff und Kohlenoxyd die Reduktion des Zinkoxyds zu metallischem Zink.

Auf der Beschickungsbühne

Modell einer Vertikal-Retorte

Da der Siedepunkt des Zinks bei 907°C liegt, entwickelt sich zunächst ein zinkdampfhaltiges Gas, das am Kopf der Retorte - kurz unterhalb der Beschickungsöffnung - zur Abkühlung in einen sogenannten Sprühkondensator geleitet wird. Hier erfolgt die Kondensation des Zinks, das nunmehr in flüssigem Zustand über einen Syphon kontinuierlich austritt und durch eine beheizte Rinne in einen Sammelofen fließt. Von dort wird es als Hüttenzink zu handelsfertigen Platten vergossen.

Hüttenzink "HARZ" 99,5

Am Fuß der Retorte werden die entzinkten Briketts, die noch immer ihre ursprüngliche Form erkennen lassen, als "Räumasche" ausgetragen. Sie enthalten nur noch wenig Zinkanteile, fast alles im Röstgut enthalten gewesene Blei, Eisen und andere geringe Mengen an Begleitmetallen.

Austrag der Räumasche am Fuß der Retorte

Damit ist die Verhüttung von Zinkerzen nach einem einfach erscheinenden, aber doch  umfangreichen Prozeß abgeschlossen.

 

Eigenschaften und Verwendung von Zink 99,5 "HARZ"

Das in vorbeschriebenen Arbeitsgängen schon mit großer Reinheit anfallende Hüttenzink gelangt unter der Bezeichnung "Zink 99,5 HARZ' in den Handel.

Die Durchschnitts-Analyse ist folgende:

Zink

99,50 %

Kadmium

0,010 %

Blei

0,33 %

Kupfer

0,004 %

Eisen

0,03 %

Zinn

0,002 %

Die physikalischen und technologischen Eigenschaften des Hüttenzinks sind:

Atomgewicht

65,3

Spezifisches Gew. fest

7,14

Spezifisches Gew. flüssig

6,92 (bei 419°C)

Schmelzpunkt

419,5°C

Siedepunkt (760 mm QS)

907°C

Spez. Wärme (0 - 300°C)

0,094 cal/g·°C

Schmelzwärme

241 cal/g·°C

Schwindung

rund 1,5 %

Elektr. Leitfähigkeit

16,9 m/Ohm·mm2

Elektrodenpotential gegen Wasserstoff

-0,76 V

Zugfestigkeit (gegossen)

2,5 bis 4 kg/mm2

Dehnung

0,3 bis 0,5 %

Brinell-Härte 5/62,5/30

30 bis 35 kg/mm2

Das Hüttenzink wird vornehmlich von Verzinkereien, Zinkwalzwerken, der Messingindustrie und der Farbindustrie weiterverarbeitet.

 

Herstellung von Feinzink "HARZ"

Für eine Reihe besonderer Anwendungsgebiete genügt die Reinheit des Hüttenzinks nicht mehr. Es muß deshalb noch weiter von den Begleitmetallen befreit werden. In der Hauptsache sind es Blei und Kadmium, die durch ein Raffinations-Verfahren entfernt werden müssen.

Feinzinkanlage und Legierungsbetrieb

Die Zinkhütte Harlingerode verfügt deshalb auch über eine Zinkraffinations-Anlage, die ebenfalls nach dem New Jersey-Verfahren arbeitet. In dieser Anlage kann über die Hälfte der Hüttenproduktion - je nach Bedarf - einer Verfeinerung unterzogen werden. Die grundsätzliche Methode beruht auf der Abtrennung der Begleitmetalle auf Grund ihrer vom Zink recht unterschiedlichen Siedepunkte.

Das Hüttenzink wird zur weiteren Verfeinerung wieder eingeschmolzen und in Siliziumkarbid-Retorten von kaskadenförmigem Aufbau erneut zur Verdampfung gebracht.

Eine solche Retorte besteht aus etwa 50 rechteckigen Schüsseln, die aufeinandergesetzt sind und somit eine "Säule" bilden. Die Verbindung zwischen den einzelnen Schüsseln zu einem gemeinsamen Verdampfungsraum ist durch gegeneinander versetzte Öffnungen in den Schüsselböden hergestellt. Die Säule steht mit ihrem unteren Teil in einer Brennkammer. Oberhalb der Brennkammer, im nichtbeheizten Teil der Säule, fließt das wieder eingeschmolzene Hüttenzink durch ein keramisches Rohr in den Verdampfungsraum.

Die Temperatur wird so geregelt, daß alle Zinkbegleitmetalle, deren Siedepunkt höher liegt als der Siedepunkt des Zinks, flüssig bleiben, während das Zink (Siedepunkt 907°C) und das Kadmium (Siedepunkt 767°C) überdestillieren. Über einem am Kopf der Säule angeschlossenen kurzen Kanal tritt der Zinkdampf mit seinem geringen Anteil an Kadmium in einen Kondensator. Hier kondensieren die Metalldämpfe wieder zu flüssigem Metall, um über eine Rinne in eine zweite Säule zu fließen.

Die erste Säule, die alle schwerer flüchtigen Begleitmetalle insbesondere Blei (Siedepunkt 1740°C) zurückhält, wird "Bleisäule" genannt. Am Fuß der Bleisäule sammeln sich die Begleitmetalle in einem mit "Waschzink" bezeichneten Zwischenprodukt an.

Schematischer Schnitt durch die Feinzinkanlage mit nur einer Bleisäule

Die zweite Säule, die nur noch zur Entfernung des Kadmiums dient, heißt demgegenüber "Kadmiumsäule". Sie gleicht in ihrem Aufbau fast völlig der Bleisäule. Die Temperaturen werden nunmehr so gehalten, daß zwar das Kadmium verdampfen kann, nicht aber das Zink. Der zinkhaltige Kadmiumdampf tritt am Kopf der Säule in einen Kondensationsraum über. Das vom Kadmium befreite Zink durchfließt sämtliche Schüsseln und sammelt sich am Fuß der Säule, wo es diese als fast chemisch reines Zink verläßt und aus einem Sammelofen in handelsfertige Platten vergossen wird.

Feinzinkplatten "HARZ"

 

Eigenschaften und Verwendung des Feinzinks

Das Feinzink der Zinkhütte Harlingerode gelangt unter der Bezeichnung "Feinzink HARZ" in den Handel. Die nur noch sehr geringen metallischen Beimengungen liegen in der Größenordnung von:

15 g Blei je t Feinzink
10 g Kadmium " " "
unter 2 g Eisen " " "
" 2 g Kupfer " " "
" 1 g Zinn " " "

Die physikalischen und technologischen Eigenschaften des Feinzinks weichen von denen des Hüttenzinks nur ganz unwesentlich ab, so daß für den allgemeinen Gebrauch ohne weiteres die zuvor genannten Werte herangezogen werden können.

Das Feinzink wird für den wichtigen Sektor der Feinzinklegierungen, für die Fertigung von besonderen Walzerzeugnissen, für die Durchführung von Spezialverzinkungen und für die Herstellung hochwertiger Messinge benötigt. Neuerdings findet es mit Erfolg auch für das "kathodische Schutzverfahren" zur Verhinderung der Korrosion an Eisenteilen, besonders bei in der Erde verlegten Rohren (Pipelines) und Schiffskörpern Verwendung. Ein weiteres Anwendungsgebiet liegt in der Verwendung als Zinkstaub für besonders aufgebaute Rostschutzfarben und das Zinkspritzen zur Schaffung korrosionsbeständiger Überzüge

 

Feinzinklegierungen

Die Zinkhütte Harlingerode verfügt über eine Legierungsanlage, die erst nach dem Kriege unter neuzeitlichen Gesichtspunkten erstellt wurde.

Das Feinzink, welches mit der vorauf beschriebenen großen Reinheit die Raffinationsanlage verläßt, wird unmittelbar in flüssigem Zustand den Legierungsöfen zugeführt, wodurch das nachteilige Wiedereinschmelzen fester Feinzinkplatten erübrigt wird.

Die bis zu 17t fassenden Legierungsöfen sind gasbeheizt und mit einer Rührwerkeinrichtung versehen. Die Legierungszusätze, vornehmlich Aluminium und Kupfer, werden in besonderen Tiegelöfen eingeschmolzen und danach unter Einhaltung besonderer Temperatur-Bedingungen und Beachtung einer guten Durchmischung des Bades in der jeweils benötigten Dosierung dem Zink zugesetzt.

Legierungsofen mit Gießkarussel

Je nach Anforderung der Abnehmer werden Masseln, Walzplatte oder Rundbolzen hergestellt.

Es sei an dieser Stelle auf das Heft "Feinzinklegierungen HARZ" verwiesen, in welchem alle heute gängigen Feinzinklegierungen mit ihren technologischen Eigenschaften und Verarbeitungsbedingungen beschrieben sind.

Die Anwendungsgebiete für Feinzinklegierungen sind nach dem Vorbild des Auslandes in stetiger Ausweitung befindlich.

An erster Stelle sieht heute der Druckguß mit einer Vielzahl von Fertigungsteilen für die verschiedensten Industrien und Bedarfsartikel. Es sei hier nur an Kraftfahrzeugteile, Büromaschinen, Haushaltsgegenstände, Möbelbeschläge, Musik- und Spielautomaten, optische Apparate, elektrotechnisches Zubehör, Spielwaren, Reklameartikel und vieles andere mehr erinnert.

Legierungsstapel


Quellen:

Bartels: Das Erzbergwerk Rammelsberg, Goslar 1988

Mehner: Geschichte der Zinkmetallurgie am Harz, Goslar 1991

950 Jahre Harlingerode - Ortschronik, Harlingerode 2003


© Joachim Fricke 2003