Lok 225 der Braunschweig-Schöninger Eisenbahn


 

Lok BSE 225 am 06.09.1961 im Bahnhof Gliesmarode 

(Aufnahme: unbekannt / Sammlung: Joachim Fricke)


 

Die Braunschweigische Landes-Eisenbahn (BLE) betrieb seit der Wende zum 20. Jahrhundert ein großes Streckennetz, welches von Fallersleben über Braunschweig bis Seesen reichte. Anfangs genügten 3-achsige Lokomotiven der preußischen Bauart T3, die in großer Stückzahl beschafft wurden. Bis zum Ende der Weltwirtschaftskrise wurden die ältesten Maschinen dieses Typs abgestoßen und einige gebrauchte Loks der Staatsbahn erworben. Auch eine geringe Anzahl an neugebauten Maschinen kam in den Fahrzeugpark, jedoch ließen die finanziellen Verhältnisse in dieser Zeit den Ankauf einer größeren Serie von neuen Lokomotiven nicht zu. 

Der wirtschaftliche Aufschwung nach 1933, der einerseits auf das Ende der Weltwirtschaftskrise, andererseits auf die Bau- und Rüstungsprojekte der Nationalsozialisten zurückzuführen ist,  brachte auch der Braunschweigischen Landes-Eisenbahn eine deutliche Steigerung im Personen- und Güterverkehr. Um diesen Verkehr bewältigen zu können, bestellte die BLE schon 1933 bei der Friedrich Krupp AG in Essen neue Dampflokomotiven. Für den Verkehr auf der Braunschweiger Ringbahn, wo eine große Zahl von Industriebetrieben bedient werden mussten, sollte eine Tenderlok der Bauart 1´D1´- h2 (BLE 44) und für den Einsatz auf den Reststrecken 5 Stück der Bauart 1´C1´-h2 (BLE 45-49) beschafft werden. Krupp lieferte den neu entworfenen D-Kuppler 1934 und die C-Kuppler zwischen 1935 und 1937.

Nach Gründung der Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten „Hermann Göring“ im Bereich der heutigen Stadt Salzgitter 1937 war klar, dass die BLE die einzige Eisenbahn in diesem Gebiet war, die Material- und Rohstofftransporte für das im Bau befindliche Stahlwerk übernehmen konnte. Um von privaten Interessen unabhängig zu sein, verstaatlichte die nationalsozialistische Regierung die BLE zum 1. Januar 1938. Der Fahrzeugpark wurde dabei vollständig von der Deutschen Reichsbahn übernommen und in deren Nummernsystem eingeordnet.

Die folgende Tabelle zeigt die Krupp-Tenderloks und ihre späteren Reichsbahn-Nummern:

BLE Nr.

Bauart

Baujahr / Fabriknummer

DR Nummer

44

1´D1´-h2

1934 / 1423

79 001

45

1´C1´-h2

1935 / 1458

75 601

46

1´C1´-h2

1935 / 1500

75 602

47

1´C1´-h2

1937 / 1710

75 603

48

1´C1´-h2

1937 / 1712

75 604

49

1´C1´-h2

1937 / 1714

75 605

 

Schon bald nach dem Kriegsende verkaufte die Deutsche Reichsbahn, über das Reichsbahnzentralamt (RZA) Göttingen, diese Maschinen an private Eisenbahngesellschaften. Mit Ausnahme der 75 601 (ex. BLE 45), die 1946 durch die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) erworben wurde, gingen alle anderen Lokomotiven an die private Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft AG (DEGA), die deutschlandweit für eine Reihe von privaten Eisenbahnen den Betrieb führte. So erhielten alle Lokomotiven Nummern nach dem Schema der DEGA.

DR Nummer

DEGA Nummer

79 001

261

75 602

226

75 603

227

75 604

224

75 605

225

 

Sämtliche Maschinen (bei der 261 nicht sicher) wurden zuerst der Braunschweig-Schöninger Eisenbahn AG (BSE) zugeteilt, die ihre Strecke vom Braunschweiger Nordbahnhof (bis 1937 Gemeinschaftsbahnhof mit der BLE) bis Schöningen sowie den Abzweig von Hötzum nach Mattierzoll, von der DEGA (ab 1952 Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft GmbH - DEG) betreiben ließ. Diese Maschinen kamen gerade recht, da die BSE 1948 einen Höchststand bei den Fahrgastzahlen aufweisen konnte. 

Das nur kurze Zeit später erfolgte Absinken der Beförderungszahlen führte dazu, dass die Lokomotiven an andere von der DEG betriebene Bahnen abgegeben wurden. Bei der BSE verblieben nur die Lokomotiven 224 und 225, die 1945 (224) bzw. 1953 (225) in das Eigentum der BSE übergingen. Mit Ausnahme kurzer Zeiten, in denen die 225 an die Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn (FK) sowie an die Hildesheim-Peiner Kreis-Eisenbahn (HPKE) verliehen war, blieben die Maschinen bei der BSE. Beide wurden 1970 abgestellt und kurze Zeit später verschrottet. Nur noch ein Jahr länger blieb das Reststück von Braunschweig bis Schöppenstedt-Nord für den Güterverkehr in Betrieb, dann wurde die Strecke ab Gliesmarode abgebaut. Leider ist kein Exemplar dieser interessanten Typenreihe erhalten geblieben. 


Quellen:

Höltge: Braunschweig´s Eisenbahnen und Straßenbahnen, Gifhorn 1972

Koenner: ELNA-Dampflokomotiven, Münster 1985

Pierson: Die Braunschweigische Landes-Eisenbahn und ihre Lokomotiven, Dortmund o.J.

Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen Teil 2 Niedersachsen, Gifhorn 1973


© Joachim Fricke 2013