Dampflok 95 027 auf der Rübelandbahn


 

Die Harzbahn (heute Rübelandbahn genannt) von Blankenburg über Rübeland, Elbingerode und Rothehütte (heute Königshütte) nach Tanne wurde zwischen 1884 und 1886 erbaut. Sie diente in erster Linie dem Abtransport von Gütern (Eisenerz, Kalk, Diabas) aus den Harzorten, bediente aber auch den Personenverkehr. Aufgrund der schwierigen topografischen Verhältnisse dieser Strecke war die Erbauerin der Bahn, die Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn (HBE), gezwungen eine Reihe von Streckenabschnitten mit Zahnstange auszurüsten. Auf Vorschlag vom Betriebsdirektor Albert Schneider (1833-1910) der HBE kamen Zahnstangen der Bauart Abt zum Einbau.

Zahnstangenabschnitt vor Rübeland

Der große Bedarf an Rohstoffen für die Rüstung im 1. Weltkrieg führte zu einer deutlichen Verkehrszunahme auf der Harzbahn. Vor allen Dingen die niedrige Geschwindigkeit der Zahnradlokomotiven führte zu Engpässen.

Aufgrund dieser Problematik ließ der neue Betriebsdirektor Otto Steinhoff ab Juni 1918 Versuchsfahrten mit verschiedenen Lokomotiven im Reibungsbetrieb auf der Steilstrecke durchführen. Nachdem anfangs die Lokomotiven Nr. 42 und 51, zwei für die Flachlandstrecken der HBE beschafften Maschinen mit der Achsfolge 1´C, erfolgreich eingesetzt wurden, erfolgten im September weitere Versuchsfahrten mit einer geliehenen preußischen T16 (später Baureihe 94, Achsfolge D). Auch diese Fahrten verliefen problemlos und zeigten, dass eine Umstellung auf den Adhäsionsbetrieb möglich war.

Schon recht frühzeitig hatte die HBE bei der Fa. Borsig 4 Maschinen mit der Achsfolge 1´E´1 in Auftrag gegeben. Nachdem anfangs noch zusätzliche Bremszahnräder vorgesehen waren, konnte auf diese beim Bau verzichtet werden. Dies war eines der Resultate der Versuchsfahrten.

Zeichnung der Adhäsionslokomotiven der sogenannten "Tierklasse" der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn.

Die Lokomotiven Mammut, Wiesent, Büffel und Elch wurden zwischen 1920 und 1921 an die HBE abgeliefert und bewährten sich sofort auf der Steilstrecke. Im Zuge der Zwangsverstaatlichung der HBE in der ehem. DDR am 1. Januar 1950 erhielten die vier Maschinen neue Betriebsnummern nach dem Schema der Deutschen Reichsbahn. Aufgrund ihrer Achsfolge und Leistung wurden sie in die Baureihe 95 eingeordnet.

Im Jahr 1951 explodierte der Kessel der 95 6679 (ex. Elch) beim Probeanheizen nach der Hauptuntersuchung im RAW Meiningen. Sie schied damit als erste aus. Ihre drei Schwestern wurden Mitte der 1960er Jahre ausgemustert. Nur die Lok 95 6676 (ex. Mammut) blieb bis heute als Museumslok erhalten und ist nicht betriebsfähig im alten Triebwagenschuppen in Rübeland hinterstellt.

Auch die 1920 gegründete Deutsche Reichsbahn zeigte großes Interesse an den leistungsfähigen Maschinen, da auch sie die Ablösung des Zahnradbetriebs auf ihren Steilstrecken anstrebte. Aus diesem Grund fanden ab April 1921 auf verschiedenen Strecken der Reichsbahn Probefahrten mit der ausgeliehenen Lok "Elch" statt. Die Ergebnisse bestätigten die Leistungsfähigkeit der Maschinen der Tierklasse.

Aufgrund der Versuchsfahrten und ersten Erfahrungen bei der HBE bestellte die Deutsche Reichsbahn bei den Herstellern Borsig, Berlin (95 001-018) und Hanomag, Hannover (95 019-045), 45 noch als preußische Gattung T20 bezeichnete Steilstreckenlokomotiven. Der Entwurf dieser Lokomotiven wich aber in einigen Punkten deutlich von der Tierklasse ab, da der Einsatzbereich wesentlich größer war. So sollten die Lokomotiven der Baureihe 95 (zuerst als 77 bezeichnet) auch zum Schiebedienst auf Rampenstrecken eingesetzt werden können und Güterzüge auf Hauptstrecken befördern, was eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h (Tierklasse 50 km/h) erforderte.

77 002 (später 95 002, Borsig 1922)

 

Repro

Sammlung: Joachim Fricke

Schon 1944 sollen erstmals Lokomotiven der Baureihe 95.0 der Deutschen Reichsbahn leihweise auf der Harzbahn zum Einsatz gekommen sein. Es ist jedoch nicht sicher überliefert, um welche Loks es sich seinerzeit handelte. Ab 1950 kamen dann 11 Lokomotiven dieser Baureihe auf der Rübelandbahn zum Einsatz, welcher erst mit der Elektrifizierung der Strecke in den 1960er Jahren beendet wurde. 

Im Jahr 2010 kehrte die 95 027 (Hanomag 1923 / 10185) des DB-Museums Nürnberg betriebsfähig auf die Rübelandbahn zurück, die sie schon in den Jahren 1950 bis 1969 befahren hatte. Seit dieser Zeit sind etliche Aufnahmen der Lok auf der Strecke zwischen Blankenburg und Rübeland entstanden, die heute von den Fels-Werken GmbH betrieben wird. Anlässlich dieser Fahrten wird auch oft die Lok "Mammut" (Borsig, Berlin 1919 / 10353 ex. DR 95 6676) am Lokschuppen im alten Bahnhof Rübeland gezeigt, die heute Eigentum des Verkehrsmuseums in Dresden ist und dem Förderverein Rübelandbahn e.V. als Leihgabe zur Verfügung steht.


2010

Am 22.05.2010 im Gelände des FEW-Blankenburg.

 

 

Rangierfahrten im Bahnhof Blankenburg am 22.05.2010.

 

 

Anlässlich des 125jährigen Jubiläums der Rübelandbahn fährt die 95 027 am 10.07.2010 geschmückt durch den Haltepunkt Braunesumpf.


2011

Am 11.06.2011 im FEW-Blankenburg.


2012

Am 07.04.2012 im Bahnhof Blankenburg.

 

 

Am 27.05.2012 zwischen Hüttenrode und Neuwerk.

 

 

Wassernehmen am alten Bahnhof Rübeland am 27.05.2012

 

 

Lok 95 6676 "Mammut" vor dem ehemaligen Triebwagenschuppen im alten Bahnhof Rübeland.


2013

Einfahrt nach Hüttenrode am 19.05.2013.

 

 

Lok 95 6676 "Mammut" und 95 027 vor dem ehemaligen Triebwagenschuppen im alten Bahnhof Rübeland.

 

 

Durchfahrt durch den ehemaligen Haltepunkt Westend in Blankenburg.


Quellen:

Jansen, Lauber, Melcher, Wenzel: Die Baureihe 95, Freiburg 1980

Brozeit, Müller, Bölke: Die Lokomotiven der BR 95, Berlin (Ost), Düsseldorf 1990

Steinke: Die Rübelandbahn, Berlin (Ost) 1982


© Joachim Fricke 2013